Gewaltfreie Kommunikation nach Dr. Marshall B. Rosenberg

Die Nennung der Gewaltfreien Kommunikation erzeugt häufig die Reaktion „Aber ich bin doch nicht gewalttätig!“ Der Begriff stammt aus dem Englischen „nonviolent communication“ und ist angelehnt an Ahimsa im Sinne von Mahatma Gandhi, das mit Gewaltfreiheit übersetzt wurde.

Eines der Anliegen der Gewaltfreien Kommunikation (GFK), entwickelt von Dr. Marshall B. Rosenberg, ist, mehr Zugang zu sich selbst und anderen zu bekommen, auch wenn es auf den ersten Blick nicht möglich erscheint, weil Menschen z. B. frustriert oder wütend sind, sich nicht mehr zuhören wollen, nur Vorwürfe hören, sich mit Worten angreifen, sich die Schuld geben, Kontakte abgebrochen wurden.

Der Fokus der GFK liegt in einem anderen Umgang, einer anderen Haltung zu sich und zu anderen, im Erhöhen der Verbindungsqualität. Wenn ich mir nahe komme und erkenne, warum ich so handle und reagiere und dann verstehe, was diese Reaktionen mit der Erfüllung eines Bedürfnisses zu tun haben, kann ich die Handlungen anderer Menschen leichter verstehen und eher tolerieren.

Zugleich geht es in der GFK auch darum, meine Bedürfnisse besser wahrzunehmen und klar zu kommunizieren und dabei die Bedürfnisse anderer im Blick zu haben.

Marshall B. Rosenberg

Marshall B. Rosenberg erlebte bereits im Alter von 9 Jahren Gewalt hautnah. Gewaltvolle Erfahrungen haben ihn viele Jahre lang begleitet. Inmitten von rassistischen Bürgerkriegszuständen in seinem Wohnviertel erlebte er zeitgleich liebevolle, empathische Zugewandtheit in seiner Familie. Dies förderte Fragen in ihm zu Tage, die ihn über einen weiteren Auslöser zum Studium der klinischen Psychologie bewegten und die ihn sein Leben lang begleiteten. Auf seinem Weg sehr geprägt und inspiriert hat ihn die Arbeit mit Carl Rogers.

Über seine Arbeit als klinischer Psychologe, sein Engagement in Brennpunktschulen und auf der Straße wurde ihm zunehmend klar, dass er Menschen nicht nur behandeln, therapieren wollte, sondern dazu beitragen wollte, dass Menschen in einem friedvolleren Miteinander leben können würden. Er wollte sich dafür einsetzen, Menschen zu befähigen, ihre Situation, ihren Umgang mit sich und anderen Menschen ändern zu können.

Reflexionsmodell und Haltung

Marshall B. Rosenberg hat ein Reflexionsmodell in 4 Schritten entwickelt, um uns zu unterstützen, uns und andere vollständiger wahrnehmen und anders kommunizieren zu können. Es ging ihm mit seinem 4-Schritte-Modell nicht darum, eine „Kommunikationsart“, eine Sprache zu entwickeln, um einfach anders sprechen zu können. Ihm war bewusst, dass es mehr als eine andere Sprache, eine Haltungsveränderung im Inneren braucht, um Verbindungen mit Menschen nachhaltig gewaltfreier, schöner und liebevoller gestalten zu können. Es braucht eine andere Verbindung zu mir selbst, einen tieferen Kontakt zu mir, zu dem, was in mir los ist und dem was ich wirklich brauche, um entspannter, zugewandter und authentischer mit anderen Menschen in Kontakt gehen zu können.

Das 4-Schritte-Modell dient als sehr hilfreiche Stütze, als Struktur, um mit uns selbst in Kontakt zu kommen. Wenn wir nicht nur eine „Kommunikationsart“ erlernen, sondern unsere Sichtweisen und Handlungen in einem anderen Licht betrachten möchten, entsteht Wandlung in uns, kann sich unser bisheriges Menschenbild verändern, ändert sich unsere Haltung uns selbst und anderen Menschen gegenüber.

Wir erkennen immer mehr, welchen Anteil, welche Verantwortung wir an unseren Gefühlen und unerfüllten Bedürfnissen haben. Im Eintauchen in die GFK-Haltung erkennen wir immer mehr, wie viele Möglichkeiten zur Erfüllung unserer Bedürfnisse uns zur Verfügung stehen.